Von der Warte einer pädagogisch orientierten Sichtweise lassen sich viele zwischenmenschliche Phänomene analog zu den vorangegangenen Gegenwartsbeschreibungen beleuchten, auch wenn diese Sichtweise tendenziell weniger defizitorientiert ist und den Fokus etwas stärker auf die Ressourcen der Betroffenen richtet. Diese Akzentuierung entspringt einer langen pädagogischen
Tradition und findet gegenwärtig ihren stärksten und wohl auch zukünftig sehr bedeutsamen Ausdruck im Konzept der Salutogenese (vgl. Aaron Antonovsky, 1997), im traditionsreichen Konzept der Pädagogik der Hilfe zur Selbsthilfe (vgl. Maria Montessori) und dem ressourcenorientierten Konzept des Empowerments (oder User-Involvements) in der psychiatrischen Arbeit (Knuf/Seifert).
Wesentliche Merkmale dieser pädagogischen Perspektive, den die Mitarbeiter von profam teilen, sind die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen kognitiven, seelischen und emotionalen Fähigkeiten einerseits und dem Können und dem Wollen des Individuums andererseits. So sind die folgenden Überzeugungen zugleich auch Strukturelemente unserer Arbeit mit Familien:
Neben den bereits beschrieben pädagogischen Elementen hat sich außerdem ein methodischer Ansatz aus der humanistischen Psychologie bewährt:
die nicht-direktive, klientenzentrierte Beratung bzw. Gesprächsführung.
Sie geht von der grundlegenden Annahme aus, dass die verschütteten Selbstaktualisierungskräfte (Selbstheilungskräfte) des Individuums in einem Prozess der (emotionalen) Exploration reaktualisiert werden können, mithin dass die Kräfte eines Individuums zur Lösung seiner Probleme oftmals in ihm selbst schlummern. Dieser Prozess wird initialisiert und vertieft durch – wissenschaftlich gut abgesicherte – hilfreiche Einstellungen seitens des professionellen Helfers, der eine empathisch-verstehende, akzeptierende und authentische, ggf. aber auch konfrontierende,
Haltung einnimmt und beim Klienten eine verstärkte Gewahrwerdung und Integration seiner Erfahrungen in sein Selbstkonzept fördert. Kann der Klient seine Erfahrungen mit seinem Selbstkonzept und der Umwelt in Einklang bringen, so (inter-)agiert er als weitgehend angstfreie, ausgeglichene, für Erfahrungen offene Person. Herrschen Inkongruenzen (Spannungen) zwischen nicht korrekt symbolisierten bzw. integrierten Erfahrungen mit dem Selbstkonzept und der Umwelt vor, so finden psychische Fehlanpassungen, erhöhte Vulnerabilität (Verletzlichkeit), Angst, Abwehrverhalten und Wahrnehmungsverzerrungen statt. Ziel ist die möglichst umfassende Integration von emotionalen Erfahrungen in das Selbstkonzept. Den Klienten wird keine Lösung ihres seelischen Konflikts oder ihrer Entwicklungsaufgabe oktroyiert, sondern sie erfahren professionelle Begleitung und Hilfe im Prozess der Lösungsfindung im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe.
Des Weiteren sind verschiedene methodische Ansätze in unsere Arbeit integriert, wie beispielsweise das Konzept einer systemischen Familienberatung, -aufstellung und Psychotraumatologie (Ruppert), das Konzept der Psychoedukation (z.B. Wienberg), Methoden des Entspannungstrainings (z.B. Müller), das Konzept des Eltern-Trainingsprogramms Triple P, das Elternprogramm für Kinder mit hyperkinetischen und oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten THOP (Döpfner, Schürmann, et al.) oder das Arbeitsmaterial für Kinder psychisch kranker Eltern (Dachverband psychosozialer Hilfsvereinigungen).