Leitbild

Leitbild

Die im Folgenden dargelegten Grundhaltungen bilden das Fundament unserer Arbeit; sie sind aber

keineswegs verabsolutiert. Die Offenheit für andere Sichtweisen und Methoden sowie der Austausch

hierüber sind das interdisziplinäre und multiprofessionelle Setting, das angestrebt wird.


Pädagogisches Handeln zielt auf gesunde Entwicklung, Veränderung, Bildung, Aneignung von

Wirklichkeit, also auf Veränderung von Bewusstsein und Lebenspraxis.


Von der Warte einer pädagogisch orientierten Sichtweise lassen sich viele zwischenmenschliche Phänomene analog zu den vorangegangenen Gegenwartsbeschreibungen beleuchten, auch wenn diese Sichtweise tendenziell weniger defizitorientiert ist und den Fokus etwas stärker auf die Ressourcen der Betroffenen richtet. Diese Akzentuierung entspringt einer langen pädagogischen

Tradition und findet gegenwärtig ihren stärksten und wohl auch zukünftig sehr bedeutsamen Ausdruck im Konzept der Salutogenese (vgl. Aaron Antonovsky, 1997), im traditionsreichen Konzept der Pädagogik der Hilfe zur Selbsthilfe (vgl. Maria Montessori) und dem ressourcenorientierten Konzept des Empowerments (oder User-Involvements) in der psychiatrischen Arbeit (Knuf/Seifert).


Wesentliche Merkmale dieser pädagogischen Perspektive, den die Mitarbeiter von profam teilen, sind die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen kognitiven, seelischen und emotionalen Fähigkeiten einerseits und dem Können und dem Wollen des Individuums andererseits. So sind die folgenden Überzeugungen zugleich auch Strukturelemente unserer Arbeit mit Familien:


  • Das Verhältnis zwischen Jugendamt, Klient (Familie) und Helfer ist ein trianguläres Handlungs- /Spannungsfeld (s.u.).
  • In diesem Spannungsfeld agieren drei prinzipiell Gleichberechtigte mit potenziell unterschiedlichen Aufträgen und Motiven auf gleichem Terrain.
  • profam sieht sich hier dem Auftrag des Jugendamtes verpflichtet, aber nicht ausschließlich: Gelingende Hilfe setzt i.d.R. die Mitarbeit der Familie voraus, die auch einen Auftrag (zumindest eine Not zur Veränderung) benennen sollte.
  • profam handelt in diesem Spannungsfeld, wobei die wesentliche, nicht-marginale und gleichberechtigte Partizipation der Klienten an allen Prozessen der Diagnostik, Methodik und Lösungsansätzen, aber z.B. auch der Alltags- und Kontaktgestaltung, der Hilfe- und Erziehungsplanung gegeben sein muss. Die Klienten sind die Experten ihrer Probleme, der Helfer ein Experte für Lösungswege aus diesen Problemen.
  • Ziel ist es, Selbständigkeit zu fördern und zu erhalten, insbesondere auch die Förderung und Stärkung der Erziehungskompetenz (z.B. für Jugendliche zuverlässiges, entwicklungsförderndes, wertschätzendes, aber auch konsequentes oder konfrontierendes Verhalten reflektieren und einüben): im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe
  • Die Übernahme von Verantwortung für das eigene Tun fördern/erweitern/erhalten (z.B.hinsichtlich Gesundheitsfürsorge oder Erziehungsstil)
  • Die Initiierung und Unterstützung von Bildungsprozessen und sachlich begründeter Kritikfähigkeit
  • Gewahrwerdung von Emotionen und Hilfe zur Lösung emotionaler (sozialer) Konflikte
  • Hierbei ist von zentraler Bedeutung, dass den Klienten Achtung und Wertschätzung ihrer Person zuteil wird, sowohl durch den Helfer wie möglichst auch inner-familiär. Die gilt insbesondere für die Kinder/Jugendlichen.
  • Für die Kinder und Jugendlichen ist zudem noch zu berücksichtigen, dass ihre Entwicklungsfortschritte von den Eltern mitgetragen werden, weil der Erfahrung nach Kinder/Jugendliche ihre Entwicklungsschritte mit dem Wohlwollen der Eltern abgleichen und sie nicht selten in seelische Nöte geraten, wenn eine Entwicklung von den Eltern missbilligt wird. Grundlegend und zentral ist hierbei das Gefühl der Zugehörigkeit zum Familienverbund, um dessentwillen notfalls Entwicklungsmöglichkeiten ausgelassen werden (ein Beleg für die Dynamik zwischen Entwicklung und Zugehörigkeit ist m.E. auch die starke Loyalität von gewaltbelasteten Kindern zu ihren Eltern).
  • Es gilt auch, das jeweils unterschiedliche Tempo/den Rhythmus einer Familie, ihre Individualität im Hilfeprozess zu berücksichtigen. Hieran orientiert sich auch die Wahl der Methodik.
  • Der Helfer ist hierbei kein omnipotenter Experte, sondern im Kontakt mit seinem eigenen „Mensch-Sein“, welches mit dem Mensch-Sein im Gegenüber korrespondiert und eine Thematisierung der Sinnhaftigkeit des Problems/ der Krise ermöglicht im Kreis der lebensweltlichen Orientierung von

Neben den bereits beschrieben pädagogischen Elementen hat sich außerdem ein methodischer Ansatz aus der humanistischen Psychologie bewährt:

die nicht-direktive, klientenzentrierte Beratung bzw. Gesprächsführung.


Sie geht von der grundlegenden Annahme aus, dass die verschütteten Selbstaktualisierungskräfte (Selbstheilungskräfte) des Individuums in einem Prozess der (emotionalen) Exploration reaktualisiert werden können, mithin dass die Kräfte eines Individuums zur Lösung seiner Probleme oftmals in ihm selbst schlummern. Dieser Prozess wird initialisiert und vertieft durch – wissenschaftlich gut abgesicherte – hilfreiche Einstellungen seitens des professionellen Helfers, der eine empathisch-verstehende, akzeptierende und authentische, ggf. aber auch konfrontierende,

Haltung einnimmt und beim Klienten eine verstärkte Gewahrwerdung und Integration seiner Erfahrungen in sein Selbstkonzept fördert. Kann der Klient seine Erfahrungen mit seinem Selbstkonzept und der Umwelt in Einklang bringen, so (inter-)agiert er als weitgehend angstfreie, ausgeglichene, für Erfahrungen offene Person. Herrschen Inkongruenzen (Spannungen) zwischen nicht korrekt symbolisierten bzw. integrierten Erfahrungen mit dem Selbstkonzept und der Umwelt vor, so finden psychische Fehlanpassungen, erhöhte Vulnerabilität (Verletzlichkeit), Angst, Abwehrverhalten und Wahrnehmungsverzerrungen statt. Ziel ist die möglichst umfassende Integration von emotionalen Erfahrungen in das Selbstkonzept. Den Klienten wird keine Lösung ihres seelischen Konflikts oder ihrer Entwicklungsaufgabe oktroyiert, sondern sie erfahren professionelle Begleitung und Hilfe im Prozess der Lösungsfindung im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe.


Des Weiteren sind verschiedene methodische Ansätze in unsere Arbeit integriert, wie beispielsweise das Konzept einer systemischen Familienberatung, -aufstellung und Psychotraumatologie (Ruppert), das Konzept der Psychoedukation (z.B. Wienberg), Methoden des Entspannungstrainings (z.B. Müller), das Konzept des Eltern-Trainingsprogramms Triple P, das Elternprogramm für Kinder mit hyperkinetischen und oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten THOP (Döpfner, Schürmann, et al.) oder das Arbeitsmaterial für Kinder psychisch kranker Eltern (Dachverband psychosozialer Hilfsvereinigungen).


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